Jedes Jahr stehen viele Hamburger vor der Herausforderung, für ihr Kind die richtige Schule auszuwählen. Beim Schuleintritt in die erste Klasse. Beim Übergang in die 5. Klasse. Manchmal auch im Laufe der Schullaufbahn beim Übergang in die Oberstufe oder beim Schul- oder Schulformwechsel.
Seit einigen Jahren haben die meisten Schulen von Jahr zu Jahr ihre Profile ausgebaut und die eigene Online-Präsenz verbessert. Auf der Schulwebsite und auf Informationsveranstaltungen werden die besonderen Schwerpunkte, Kurs- und Förderangebote angepriesen und Schüler/innen und Eltern umworben.
Viele derjenigen Eltern, die das erste Mal vor der „Wahl“ stehen, freuen sich – teilweise nach einem Informationsmarathon –, wenn sie gemeinsam mit ihrem Kind die „richtige“ Schule gefunden haben.
Einige derjenigen Eltern, die nicht zum ersten Mal vor der „Wahl“ stehen, wissen, dass die eigene „Wahl“ nur der Anfang, oftmals aber nicht das Ende des Auswahlprozesses ist.
Denn im sogenannten Zuweisungsverfahren drohen unangenehme Überraschungen.
Ca. 5 Prozent der zukünftigen Erstklässler sowie der zukünftigen Fünftklässler haben bspw. für das Schuljahr 2018/2019 keine Zuweisung zu ihrer Wunschschule erhalten. Für das Schuljahr 2017/2018 gingen nach Angaben der Schulbehörde insgesamt allein 333 Widersprüche (2,2 Prozent) gegen die Zuweisung der Grundschule ein.
Eltern mit mehreren Kindern kennen möglicherweise die Vorrangregelung für Geschwisterkinder. Entgegen landläufiger Meinung gibt es in Hamburg jedoch keine Vorrangregelung für Vorschulkinder.
Das Zuweisungsverfahren:
1. Bei der Wahl einer Grundschule oder einer weiterführenden Schule sieht der Wahlbogen vor, einen Erst-, Zweit- und Drittwunsch anzugeben.
Für den Erstwunsch gilt: Die Zuweisung erfolgt grundsätzlich anhand folgender Kriterien (eine wichtige Ausnahme: Vorabaufnahme bei sonderpädagogischem Förderbedarf, u.a.):
a. Härtefall
b. Geschwisterkind
c. Schulwegentfernung
Erläuterung:
- Härtefall: besondere Lebensumstände, sehr eng ausgelegt
- Geschwisterkind: gleiche Schule, angegliederte Grundschule
- Schulwegentfernung: Schulwegentfernungsmesser online, ggf. nachprüfen
Für den Zweit- und Drittwunsch gilt: Wenn nach Berücksichtigung aller Erstwünsche noch Kapazitäten an der Zweit- und/oder Drittwunschschule frei sind, werden die offenen Plätze dort nach dem Kriterium der Schulwegentfernung vergeben.
Dies bedeutet: Nur an der Erstwunschschule steht man im echten „Wettbewerb“ mit anderen Erstwünschen. An der Zweit- und Drittwunschschule werden zunächst alle Erstwünsche berücksichtigt. Erst danach können – sofern noch freie Kapazitäten bestehen – Zweit- und Drittwünsche berücksichtigt werden. Wählt man also im Zweit- und/oder Drittwunsch eine beliebte Schule mit begrenzten Kapazitäten, besteht ein hohes Risiko, auch dort keine Berücksichtigung zu finden.
Was passiert dann?
Das Zuweisungsverfahren sieht vor, dass in einem Fall, in dem keine der Wunschschulen zugewiesen werden kann, die Zuweisung an eine Schule in „altersgemäßer Entfernung zum Wohnort“ erfolgt.
Regelmäßig wird hinsichtlich der Schulform der zuzuweisenden Schule Rücksicht auf die gewählten Schulformen gelegt. Es erfolgt daher idR bspw. keine Zuweisung an eine gebundene Ganztagsschule, wenn der Elternwunsch dies ausdrücklich ausschließt. Wenn nur „Gymnasien“ gewählt wurden, wird regelmäßig auch ein Gymnasium zugewiesen. Wenn nur „Stadtteilschulen“ gewählt wurden, erfolgt die Zuweisung zu einer Stadtteilschule. Wenn aber sowohl Gymnasien als auch Stadtteilschulen gewählt wurden, so kann offenbar nach der Praxis der vergangenen Jahre eine Zuweisung zu beiden erfolgen. Dies gilt auch für den Fall, dass bspw. als Erst- und Zweitwahl ein Gymnasien, als Drittwahl aber eine Stadtteilschule gewählt wurde. Auch in diesem Fall hat die Schulbehörde die Ansicht vertreten, es könne eine „Zwangszuweisung“ an eine Stadtteilschule erfolgen. Dies könne damit begründet werden, dass das Wahlverhalten zum Ausdruck gebracht habe, eine Festlegung auf eine bestimmte Schulform sei gerade nicht gewünscht.
Rechtsmittel
Rechtsmittel gegen Zuweisungsentscheidungen ist der Widerspruch. Widerspruch ist möglich sowohl gegen Zuweisungen zu einer Drittschule, die nicht auf der Wunschliste war, als auch gegen die Zuweisung zur Zweit- oder Drittwunschschule.
Zu beachten ist die Monatsfrist. Gegner: Die Wunschschule (Wahl 1), die den Bescheid erlässt. Üblicherweise senden die Schulen im April die Bescheide aus (1. Klasse und 5. Klasse, anders bei Wechsel nach der 6. Klasse – da der Bescheid in diesen Fällen erst mit dem Zeugnis zum Schuljahresende erging). Vor Ablauf der Rechtsmittelfrist wurden die Widersprüche i.d.R. nur „abgelegt“. Danach besteht eine Abhilfemöglichkeit der Schule selbst; erst dann erfolgt i.d.R. eine Prüfung durch die Rechtsabteilung.
Im besten Falle erfolgt eine Zuweisung zur Wunschschule im sogenannten Nachrückverfahren. Da allein diejenigen im Nachrückverfahren Berücksichtigung finden, die Rechtsmittel gegen eine Zuweisungsentscheidung eingelegt haben, spricht viel dafür, zunächst jedenfalls Widerspruch einzulegen, um sich die Möglichkeit der Berücksichtigung im Nachrückverfahren zu erhalten. Einem nicht geringen Anteil der Widersprüche wird auf diesem Wege abgeholfen.
Regelmäßig wurden die Verfahren der Zuweisung zur 1. Klasse vor den anderen Verfahren von der Behörde priorisiert. Geäußertes Ziel aufseiten der Behörde war es, eine Entscheidung über die Widersprüche vor den Sommerferien zu treffen.
In den vergangenen Jahren hat die Behörde jedoch oftmals bis weit in die Sommerferien hinein, teilweise sogar auch erst nach den Sommerferien über die Widersprüche entschieden. Während die Behörde dies mit der großen Anzahl eingelegter Widersprüche begründete, dürften auch personelle Engpässe insbesondere in der Rechtsabteilung ausschlaggebend gewesen sein.
Für Betroffene ergab sich dabei oftmals ein schwer zu ertragender Zustand. Denn die Unsicherheit über die zukünftige Schule des Kindes in den Sommerurlaub mitzunehmen, und teilweise auch ins neue Schuljahr, kann äußerst belastend sein.
Sowohl für den Fall, dass vor den Sommerferien ein abschlägiger Widerspruchsbescheid ergeht, als auch in Fällen, in denen zum Schuljahresende noch keine Entscheidung ergangen ist, dürfte oftmals einstweiliger Rechtsschutz zielführend bzw. alternativlos sein.
Beantragt werden kann eine vorläufige Zuweisung zur Wunschschule. Faktisch bedeutet dies zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache; dies ist aber zulässig, da nur auf diesem Wege Rechtsschutz gewährt werden kann.
Die Verwaltungsgerichte bemühen sich, bis zum Ende der Sommerferien über alle rechtzeitig gestellten Anträge zu entscheiden. Dies kann dazu führen, dass erst am Tag vor Schulbeginn feststeht, ob doch noch eine Zuweisung zur Wunschschule erfolgt.
Betroffene sollten bereits vorher mit der zugewiesenen Schule Kontakt aufnehmen und dort vorstellig werden, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.
Vorgehen des Rechtsanwalts
Zunächst ist es Aufgabe des eingeschalteten Rechtsanwalts, Betroffene im Hinblick auf mögliches Vorgehen, Dauer und Stress der unterschiedlichen Vorgehensweisen, Erfolgsaussichten und Kosten zu beraten. Ggf. legt der eingeschaltete Rechtsanwalt Widerspruch ein bzw. begründet einen bereits eingelegten Widerspruch.
Zu diesem Zwecke ist es ratsam, Akteneinsicht bei der Behörde zu beantragen und dabei insbesondere die derzeit gültigen Vorschriften (Handreichungen der Behörde) sowie die der Zuweisungsentscheidung zugrunde liegenden Schul- und Schülerlisten zu überprüfen. Bereits dabei können Fehler aufseiten der Behörde zu Tage treten, die ggf. einen Zuweisungsanspruch begründen.
Gerne steht Ihnen bei uns Rechtsanwalt Felix Machts, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, mit Rat und Tat zur Seite!